Der Republikaner | 07/08.2000 | ![]() |
Unsere Interessen definieren
Heinrich Lummer im Interview. |
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Herr Lummer, in Ihrem zuletzt erschienenen Buch Deutschland soll deutsch bleiben" haben Sie sich für das Recht der Deutschen auf ihr eigenes Siedlungsgebiet" ausgesprochen. Fast acht Millionen Ausländer in Deutschland und Ghettos in den Großstädten sind aber heute schon Realität. Kann man diese Entwicklung noch rückgängig machen? |
Wenn man wirklich will, kann man vieles. In jedem Falle kann man die Entwicklung kontrollieren und so begrenzen, daß der Schaden nicht zu groß wird. Allerdings müßten dann die Ursachen angepackt werden. Das ist das immer noch zu großzügige Asylrecht, das ist die Aufnahmebereitschaft für Kriegs- und Kontingentflüchtlinge, der Familiennachzug und vieles mehr. Erst dann kann man auch darüber reden, welchen Zuzug wir im eigenen Interesse brauchen.
Können die Probleme, die sich im Zuge der Überalterung der deutschen Gesellschaft zwangsläufig ergeben, ohne Zuwanderung gelöst werden? Was ist in der Familienpolitik bisher versäumt worden?
Was heißt hier Überalterung"? Es ist doch gut, wenn es der Medizin gelingt, das Durchschnittsalter anzuheben. Mehr Kinder könnten schon da sein. Aber ich fürchte, mit Geld ist das Problem nicht lösbar. Jedenfalls brauche ich bei vier Millionen Arbeitslosen keine generelle Zuwanderung, um etwas das Durchschnittsalter zu senken.
Stichwort Green Card": Ist Deutschland nicht gezwungen, qualifizierte ausländische Spitzenkräfte ins Land zu holen, wenn es international wettbewerbsfähig bleiben will?
Sollten in einem akuten Engpaß bestimmte qualifizierte Arbeitskräfte fehlen, mag man sie holen. Das geht ohne Rechtsänderung. Leider sind bisher meist die falschen gekommen. Prinzipiell glaube ich nicht, daß die vier Millionen Arbeitslosen alle so dumm sind, daß man unter ihnen nicht 20.000 Informationstechnologie-Fachleute finden könnte. Im Prinzip gilt also: Ausbildung geht vor Einreise.
Hat die Forderung nach einer restriktiven Ausländerpolitik überhaupt einen Sinn, wenn Deutschland durch internationale Verträge gezwungen ist, jährlich Hunderttausende von Ausländern ins Land zu lassen?
Ich kenne keine internationalen Verträge, die uns gezwungen hätten, mehr als sieben Millionen Ausländer ins Land zu lassen.
Wenn man allerdings an die Folgen der EU-Osterweiterung oder an die geplante EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung denkt &endash; wird uns da nicht eine gewaltige Zuwanderungswelle aufgezwungen? Wie können wir uns dagegen wehren?
Eine EU-Osterweiterung hat nur dann Sinn, wenn weitere Zuwanderung vermieden werden kann, die kommen wird, wenn die Lebensstandards wesentlich verschieden sind. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Familienzusammenführung ist für Deutschland nicht akzeptabel. Jetzt schon haben wir eine jährliche Zuwanderung über Familienzusammenführung von rund 100.000.
Haben die Nationalstaaten noch eine Zukunft? Wo wird ihre Aufgabe liegen?
Sie haben eine Zukunft, weil sich Demokratie im Nationalstaat verwirklicht. Sie haben eine Zukunft, weil der Mensch Heimat braucht und eine Kultur, mit der er sich identifizieren kann.
Als Berliner Innensenator galten Sie als law and order"-Mann. Was muß alles geschehen, damit Deutschland für seine Bürger wieder sicherer wird?
Das ist ein weites Feld. Natürlich müssen Gesetze eingehalten und für Ordnung gesorgt werden. Aber Sicherheit ist nicht nur eine Frage der Polizei. Es beginnt mit der Wertevermittlung in der Schule. Da liegt vieles im Argen. Es bedarf eines Gesamtkonzeptes, das die Schule, die Gesetzgebung, den Strafvollzug und die Polizei umfassen muß.
Für NS-Zwangsarbeiter werden weitere Milliarden eingetrieben, von deutschen Zwangsarbeitern wagt niemand zu reden. Ist es nicht an der Zeit, daß wir 55 Jahre nach Kriegsende unseren Hitler-Komplex" überwinden?
Es wird in der Tat Zeit, daß unsere Politik selbstbewußter wird. Wir müssen unsere Interessen definieren und danach handeln. Sich zu erinnern, um aus der Vergangenheit zu lernen, ist gut. Aber 55 Jahre nach dem Ende des Krieges müssen Verantwortung und Versöhnung nicht mehr in Dollar gemessen werden.
Zur Parteienlandschaft: Wie könnten Ihrer Meinung nach die Republikaner die Ausgrenzung durch die anderen Parteien und durch die Medien überwinden?
Dazu müßte wohl ein neues Medienzeitalter anbrechen.
Sie haben sich immer wieder für eine Sammlung der Rechten in der CDU ausgesprochen. Jetzt fordern Sie &endash; auf dem letzten Parteitag des BfB &endash; eine neue Partei rechts von der Union". Sind Sie von Ihren alten Überzeugungen abgerückt?
Ich hatte immer wieder gehört, rechts von der CDU dürfte es keine legitimierte Partei geben. Weil man einerseits mit zwei Parteien mehr Stimmen bekommen kann als mit einer und weil andererseits eine bessere Profilierung möglich wäre, wünschte ich mir rechts von der CDU eine Partei. Das könnte auch eine bundesweite CSU sein. Dies schließt ja nicht aus, daß sich die Rechten" in der CDU sammeln, um ihren Einfluß zu stärken.
Welche Rolle werden Sie selbst bei dieser Sammlungsbewegung spielen?
In jedem Fall eine wohlwollende.
Heinrich Lummer, geboren am 21. November 1932 in Essen, studierte Politik, Philosophie und Jura in Berlin und wurde 1953 Mitglied der CDU. 1969 war er Fraktionsvorsitzender der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, 1981 und 1985 Berliner Innensenator und 1987 bis 1997 Abgeordneter in Bonn. Nach seinem Abschied aus der aktiven Politik 1998 begann er das Studium der Kunstgeschichte an der FU Berlin und ist Gastmoderator der Talkshow Auf den Punkt Berlin" des Senders tv-Berlin. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen: Standpunkte eines Konservativen" (1987), Asyl: ein mißbrauchtes Recht" (1992), Deutschland soll deutsch bleiben" (1999). |